Rückblick 2. Journalisten-Workshop
Digitale Ernährungsrevolution – Chancen und Risiken
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„Digitale Ernährungsrevolution – Chancen und Risiken“ lautete der Titel des zweiten Journalistenworkshops, zu dem das KErn, die Stiftung Kindergesundheit und das Netzwerk Gesund ins Leben am 9. Dezember 2015 eingeladen hatten. Journalisten und Wissenschaftler erörterten im Presseclub München die Themenbereiche Ernährungskommunikation heute und morgen, Wissenschafts-Update: Ernährung von der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr sowie Gesundheits- und Ernährungs-Apps als Wissensvermittlung.
Zentrale Fragen des Workshops waren: Welche Informationen sind wirklich relevant? Wie kann die Zielgruppe erreicht werden? Was macht eine App gut und vertrauenswürdig? Wie helfen die mobilen Begleiter tatsächlich im Alltag? Ziel war es aufzuzeigen, was Journalisten tun können, um ihren Lesern, Zuschauern und Zuhörern mehr Klarheit über diese Fragen zu verschaffen.
Dr. Wolfram Schaecke, Leiter des KErn, eröffnete die Veranstaltung: „Die Digitalisierung ist eine stille Revolution, der wir einerseits machtlos ausgeliefert sind, die andererseits aber auch viele Chancen bietet.“ Wie wir einkaufen, wie wir Musik hören, wie wir Informationen konsumieren, die Digitalisierung verändert unser Leben – zunehmend auch im Bereich der Ernährung und der Ernährungsbildung.
Bereits jeder sechste Deutsche nutzt laut dem Marktforschungsinstitut Ipsos Gesundheits-Apps und auch die Nachfrage nach Ernährungs-Apps wächst. Mit der Nachfrage steigt auch das Angebot, doch nicht alle Apps sind hilfreich und empfehlenswert, bieten klare Fakten und verständliche Informationen.
Vorbildcharakter hat hier die Nutzer-freundliche App „Schwanger und Essen“ des Kompetenzzentrums für Ernährung, die Teil einer App-Trilogie ist und wichtige Informationen rund um das Thema Schwangerschaft vermittelt. Die App bietet aber nicht nur wissenschaftlich fundierte Informationen und Expertenwissen, sondern verfügt zusätzlich über interaktive Funktionen, die Nutzern einen echten Mehrwert bieten – ebenfalls eine Voraussetzung für den Erfolg einer App.
Ernährungskommunikation heute und morgen
Digitalisierung der Gesundheit – Chance für Ernährungskommunikation und Verhaltensänderung?
Sie gab zudem einen Einblick in die aktuellen digitalen Gesundheitstrends. Die Genotypisierung, also der Nachweis des genetischen Fingerabdrucks, die Bestimmung von Biomarken und diversen Vitalfunktionen über die Haut sowie die durchgängige Erfassung des Lebensmittelverzehrs via Smartphone seien heute bereits Realität, so Prof. Daniel. Doch lässt sich Verhalten durch Technologie tatsächlich verändern? Oder ist es nur zusätzliche Spielerei?
Prof. Daniel glaubt: „Die alleinige Beschäftigung mit dem Thema, unabhängig von der Technologie, trägt positiv für ein gesundes Leben bei. Die neuen Technologien und zukünftigen Entwicklungen böten zudem die einmalige Chance, durch Früherkennung den Verlauf von Krankheiten positiv zu beeinflussen. Auch gäbe es zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten für umfangreichere Datenerhebungen (Stichwort: Big Data) und damit Potenzial für aussagekräftigere Ernährungsstudien in der Zukunft – digital unterstützt durch die Analyse eines kleinen Blutstropfens (Stichwort: Lab-on-the-Chip).“
Sorgen und Nöte der Eltern – Wie gelingt die Kommunikation?
Nach Meinung der Expertin müssten Berater eine Unterstützung mit fundierten Informationen bieten. Dies sollte bereits vor der Informationssuche auf unseriösen Plattformen und beliebigen Foren geschehen. Von Cramm kritisierte, dass in der Kommunikation häufig mit der Angst der jungen Eltern gespielt werde. Sie sprach von einer „Emotionalisierung der öffentlichen Meinung.“ Zugleich stellte sie heraus, dass Mütter individuell anzusprechen seien und durch klare, konkrete Antworten in ihren zahlreichen Ängsten und Unsicherheiten begleitet werden müssten. Die Verallgemeinerungen von sachlich geschriebenen Handlungsempfehlungen reichten hier nicht aus. Zielgruppengerechte Ansprache heißt für sie: individuelle Informationen mit emotionalen sowie sachlichen Argumentationen auf wissenschaftlich fundierter Basis.
Wissenschafts-Update: Ernährung von der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr
Schwangerschaft – welche Rolle spielt die Ernährung?
Doch diese Programmierung könne bei Normalgewicht auch einen großen präventiven Effekt haben. „Hierzu ist jedoch eine optimale Ernährung aus einer ausgewogenen Mischkost erforderlich“, so Hauner. „Außer Acht sollte der Zusatzbedarf bestimmter Mikronährstoffe nicht gelassen werden. Folsäure und Jod sind während der Schwangerschaft unbedingt durch die Einnahme von Supplementen zu unterstützen.“
Warum ist Ernährung in der frühen Kindheit so wichtig? Postnatale Programmierung der langfristigen Gesundheit
„Die Ernährung hat einen starken Einfluss auf die einzelnen Körperfunktionen. In den ersten 1000 Tagen wird die lebenslange Gesundheit stark geprägt. Gehirn und Immunsystem entwickeln sich deutlich schneller als das Gewicht. Im Alter von zwei Jahren hat das Gehirns fast schon die endgültige Größe erreicht“, referierte Koletzko. Zugleich stellte er die Frage: „Wie sieht die richtige Ernährung des Babys aus?“. Koletzko stellte hierbei die Notwendigkeit des Stillens in den Vordergrund. „Mindestens 4 Monate Vollstillen und das Weiterstillen nach Beikosteinführung beeinflussen die Intelligenzentwicklung des Kindes um bis zu 3,5 IQ-Punkte. Ein IQ-Zuwachs von 3,5 Punkten könnte einen Übergang von durchschnittlich begabt (IQ: 90-109) zu hochbegabt (IQ: 110-119) bewirken. Außerdem reduziert die Muttermilch Infektionen und verringert das Diabetesrisiko. Durchfallerkrankungen und Mittelohrentzündungen sowie Übergewicht und Adipositas treten bei gestillten Kindern seltener auf als bei nicht gestillten“, erörterte der Wissenschaftlicher die Vorteile des Stillens.
Der regelmäßige „Extra Löffel“, gelte laut Koletzko als Überfütterung und sollte trotz gut gemeinter Geste unbedingt vermieden werden. Statt Kuhmilch und gezuckerten Getränken wird das Stillen vom Experten empfohlen, um Übergewicht und anderen unerwünschten Symptomen langfristig entgegenzuwirken.
Sport in der Schwangerschaft – Auswirkungen auf die spätere Entwicklung?
Kollegin Christine Sitzberger beschloss den Vortrag mit einer Bewegungseinheit. Sie zeigte Übungen, die im Alltag mit Hilfe eines Terrabandes jederzeit durchgeführt werden können.
Ernährungs-Apps als Medium der Wissensvermittlung
Gesundheits-Apps und Evidenz – wie ist die Situation?
Datenschutz bei Apps – Behörden als Vorreiter?
Beim Thema "Datenschutzmängel bei Apps" betonte er, dass es viele Apps gäbe, die die datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht ausreichend beachten würden. Oft würden Entwickler mehr Wert auf eine schnelle Veröffentlichung und ansprechende Inhalte legen, als notwendige Sicherheitsmaßnahmen zu entwickeln und datensparsame Techniken einzusetzen. Ein weiterer Grund für Datenschutzmängel sei auch die Weitergabe von Daten als Geld- bzw. Finanzierungsquelle. Im Hinblick darauf sprach er ein Lob für die App "Schwanger & Essen" des Kompetenzzentrums für Ernährung (KErn) bezüglich Datensicherung und -übertragung, den ordnungsgemäßen Berechtigungsanforderungen, Standortdaten und dem vollständigen Impressum aus. Somit lieferte die Einstiegsfrage "Datenschutzbei Apps - Behörden als Vorreiter?" ein positives Ergebnis.
Handlungsempfehlungen zum gesunden Lebensstil für werdende Eltern und junge Familien
Durch die Qualifizierung von Multiplikatoren, das Bereitstellen von Medien, Informations- und Schulungsmaterialien sowie die Bekanntmachung durch Öffentlichkeitsarbeit sei das Netzwerk dem Ziel deutlich näher gerückt, die Elternkompetenz zur Förderung eines gesunden Lebensstils zu stärken und Hebammen, Frauenärzte, Kinder- und Jugendärzte, Medizinische Fachangestellte, Erzieherinnen und weitere Akteure in diesem Bereich mit einzubinden und mit einer Stimme sprechen zu lassen.
Bei allen Aktivitäten der Netzwerkpartner steht vor allem der Alltag junger Familien im Fokus, mit konkreten Hilfen und Praxistipps. Büning-Fesel stellte unter anderem neue Präsentationstafeln (Ernährung und Bewegung in der Schwangerschaft), Informationsmaterialien (einen Flyer zum Thema „Stillen – was sonst?“ für Mütter und Väter) und die App (Baby & Essen) als Maßnahmen auf Basis der Handlungsempfehlungen vor.
Die Bekanntheit des Netzwerks wächst kontinuierlich. Bereits 2013 kannten gut 86 % der Kinderärzte die Handlungsempfehlungen und über 60 % hatten sich schon damit beschäftigt. „Dies verdeutlicht das große Interesse an den Empfehlungen und die Notwendigkeit, derartige Maßnahmen der Gesundheitsförderung auszubauen und dauerhaft fortzuführen“, beschloss Büning-Fesel ihren Vortrag.