Nachbericht
Ernährungsverhalten in Bayern und seine Folgekosten
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Eine ungesunde Ernährung ist weltweit Risikofaktor Nummer eins. Jährlich sterben etwa 11 Millionen Menschen an ernährungsmitbedingten Erkrankungen, allen voran Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes– so das Ergebnis einer aktuellen Studie, die im Fachmagazin The Lancet erschienen ist (1). Ein Zuviel an Salz, Zucker, Alkohol, bestimmten Fetten und in erster Linie an Kalorien und zum Teil hochverarbeiteten Lebensmitteln sowie ein Zuwenig an gesunden Nahrungsmitteln wie Gemüse und Nüssen, beeinträchtigen aber nicht nur die Gesundheit jedes Einzelnen, sie verursachen auch Kosten für das Gesundheitssystem und belasten damit die Solidargemeinschaft.
Welche Mehrkosten ernährungsmitbedingte Krankheiten in Deutschland erzeugen, versuchen Wissenschaftler schon seit geraumer Zeit mit verschiedenen Methoden und Modellen zu schätzen. Speziell für Bayern gab es bisher dazu keine wissenschaftlichen Schätzungen, weshalb das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) im Jahr 2016 das Kooperationsprojekt „Ernährungsverhalten in Bayern und seine Folgekosten“ startete.
Die Haupterkenntnisse aus der kürzlich veröffentlichten Studie von Dr. Sebastian Mader vom Institut für Soziologie der Universität Bern lassen sich wie folgt zusammenfassen (2): Mädchen und Frauen, Menschen mit hoher Bildung und jungen Alters ernähren sich im Vergleich gesünder als Jungen und Männer sowie Menschen mit niedrigem Bildungshintergrund. Eine gesunde Ernährung im Allgemeinen und der Verzehr von Nüssen im Speziellen senken den Body-Mass-Index. Der Verzehr von Limonade, Bier, Fleisch und Wurst hingegen erhöhten den BMI. Adipös zu werden verringere den sozio-ökonomischen Status. (Arbeitspaket 2).
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Smarter Lunchrooms – fördern simple Maßnahmen ein günstiges Essverhalten?
Arbeitspaket 2 gibt Hinweise darauf, dass eine auf die Reduktion von Übergewicht abzielende Ernährungspolitik wohlberaten ist, sich auf Jungen und Männer sowie Menschen mit geringer Bildung beziehungsweise niedrigem Bildungshintergrund zu fokussieren. Die Förderung des Verzehrs von Nüssen und die Begrenzung des Verzehrs von Limonade, Bier, Fleisch und Wurst sollte noch stärker kommuniziert werden. Um eine gesundheitliche Chancengleichheit quer durch die Bevölkerung zu erzielen, reichen traditionelle Instrumente – wie Ernährungsbildung und Informationskampagnen – allein nicht aus. Es empfehlen sich daneben konkrete Maßnahmen, die gesundes Ernährungsverhalten «anstupsen» können. Dazu zählen zum Beispiel die prominente Platzierung gesunder Lebensmittel in Kantinen oder Supermärkten. Auch die Einführung obligatorischer Verpflegungsstandards in der Gemeinschaftsverpflegung – angefangen von Kindertagesstätten bis zu Hochschulen und Firmenkantinen – könne sich laut der Studie von Dr. Sebastian Mader positiv auf die Ernährung des Einzelnen auswirken und das unabhängig von Bildungshintergrund und Einkommen.
Darüber hinaus verfassen Mitarbeiterinnen des KErn derzeit eine Infobroschüre, die die Ergebnisse des Forschungsprojektes im Kontext mit anderen Gesundheitsfolgekosten darstellt, um so auch einer breiteren Zielgruppe das Thema näherzubringen. Desweitern ist eine digitale Aufbereitung des Themas in Form eines Erklärvideos und weiteren Experteninterviews (Podcasts und Video) geplant.
Das KErn arbeitete bei dem Projekt mit nachstehenden Partnern zusammen:
- Dr. Renée Stark, Katharina Kähm und Prof. Dr. Reiner Leidl vom Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen des Helmholtz Zentrums München bearbeiteten das Arbeitspaket 1.
- Dr. Sebastian Mader vom Institut für Soziologie der Universität Bern hat das Arbeitspaket 2 durchgeführt.
- Prof. Dr. Gertrud Winkler von der Fakultät Life Sciences der Hochschule Albstadt-Sigmaringen leitete das Arbeitspaket 3. Dieses Teilprojekt finanzierte die Techniker Krankenkasse.
Weiterführende Informationen und Broschüren zum Download
- (1) GBD 2017 Diet Collaborators: Health effects of dietary risks in 195 Countries, (1) 1990 bis 2017: a systemic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet 2019; 393: 1958-72
- (2) Sebastian Mader, Malte Rubach, Wolfram Schaecke, Christine Röger, Ina Feldhoffer and Eva-Magdalena Thalmeier (2020): Healthy nutrition in Germany: A survey analysis of social causes, obesity and socio-economic status. Public Health Nutrition
- (3) Helmholzzentrum München
- (4) Nutrition Reviews/Oxford Academic
- (5) Ernährungsumschau: Nudging in der Mensa
- (6) KErn-Broschüre Smarter Lunchrooms: Nudging leicht gemacht (Handlungslempfehlungen für Schulmensa)
- (7) KErn-Broschüre Smarter Lunchrooms: Nudging leicht gemacht (Praktische Handlungsempfehlungen für die Hochschulgastronomie)