Insekten als kulinarisches Novum

Viereckigen Teller mit Bananenblatt. Darauf liegen gebratene Heurschrecken.Zoombild vorhanden

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Insekten werden als Lösung für die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung bei begrenzten Anbauflächen favorisiert. Eine gute Idee macht die Proteinquelle mit dem kleinsten ökologischen Fußabdruck deutschen Verbrauchern schmackhaft.

Obwohl Insekten in vielen Ländern der Welt zu den Grundnahrungsmitteln gehören und es auch in Europa vereinzelt kulinarische Traditionen wie etwa die Maikäfersuppe gibt, haftet dem Genuss hierzulande noch immer das Stigma des kulturell und gesellschaftlich anerzogenen Ekels an. Dabei hätte es nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Qualität unserer Ernährung große Vorteile, Insekten stärker in unseren Speiseplan zu integrieren: Sie punkten – je nach Insektenart – mit einem Proteingehalt zwischen 52 und 81 Prozent. Zusätzlich bilden sie eine wertvolle Quelle für ungesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe, viele Mineralstoffe wie Kalzium, Zink und Eisen, sowie Vitamin B12.

Lust auf Grillen

Seit Jahresbeginn 2018 berücksichtigt die EU im Rahmen der Novel Food Verordnung erstmals Insekten als Lebensmittel. Der Markt legt das Tempo vor und offeriert schon Grille, Mehlwurm, Buffalowurm und Heuschrecke in den unterschiedlichsten Zubereitungsformen. Vor allem die Grille gilt als Proteinbombe, da sie bis zu 70 Prozent Eiweiß enthält. Der Mehlwurm wiederum ist eine Quelle wertvoller, ungesättigter Fette. Sein Verhältnis von Omega-3 zu Omega-6 Fettsäuren ist vergleichbar mit dem von Fisch und sogar höher als das in Rind- oder Schweinefleisch.

Nachhaltige Lösung

Insekten können aber nicht nur in Sachen Ernährung und Gesundheit überzeugen, sondern auch in puncto Nachhaltigkeit: Als nachhaltige und ökologische Proteinalternative zu herkömmlich tierischem Eiweiß könnten sie die Lösung sein für den weltweit ansteigenden Ressourcenbedarf. Studien gehen davon aus, dass die Weltbevölkerung bis 2050 die Zehn-Milliarden-Grenze überschreiten wird – und der Hunger nach Protein dadurch um 76 Prozent zunehmen wird. Das würde bedeuten, dass die globale Lebensmittelproduktion um 60 Prozent wachsen müsste, obwohl die Kapazitäten und Umweltressourcen schon heute am Limit sind.

Insektenkleiner Fußabdruck

Der ökologische Fußabdruck bei der Erzeugung von Insekten ist der klassischen Land- und Viehwirtschaft in jeder Hinsicht überlegen: So ließe sich sowohl der Land- als auch der Wasserverbrauch durch eine stärker entomophage Ernährung (von Entomophagie: der Verzehr von Insekten) drastisch reduzieren. Während die globale Landwirtschaft bereits elf Prozent der Landflächen beansprucht (70 Prozent davon gehen auf das Konto der Viehhaltung), käme die Zucht von Insekten mit einem Bruchteil der Fläche aus. Für die modernen, vertikalen Produktionssysteme (Vertical Farming) kämen sogar leerstehende Fabriken oder ungenutzte Warenhäuser in Betracht. Außerdem schätzen Forscher, dass der Anbau von Insekten 2000 Mal weniger Wasser benötigt als die Viehwirtschaft. Derzeit ist die gesamte Landwirtschaft immerhin für rund 70 Prozent des globalen Wasserverbrauchs verantwortlich – einer Ressource, die ebenfalls immer knapper wird.

Weniger Input an Ressourcen, mehr Output an gesunder Nahrung

Auch im Hinblick auf den Klimawandel hat ein entomophager Speiseplan klare Vorteile: Die Viehwirtschaft ist derzeit für 18 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, was den Anteil des Transportsektors deutlich übersteigt. Diese ließen sich bei einem Umstieg auf den Anbau von Insekten um den Faktor 100 reduzieren. Auf weniger als ein Zehntel würde für den gleichen Ertrag der Bedarf an Futtermitteln sinken, denn Insekten brauchen als wechselwarme Tiere – weit weniger Energie als Schweine, Schafe oder Rinder. Dafür sind sie fast komplett essbar, während der für den Verzehr brauchbare Anteil eines Rindes beispielsweise bei nur 40 Prozent liegt. Das bedeutet: Weniger Input an Ressourcen für weit mehr Output an gesunder Nahrung für den Menschen.

Protein-Pasta statt Steak & Co.

Lara Schuhwerk hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, allen Vorurteilen zum Trotz, mehr Insekten auf den heimischen Tisch zu bringen. „Nach Ansicht vieler Forscher wird sich der bereits heute spürbare Mangel an Lebensmitteln, Trinkwasser und Lebensraum in den nächsten Jahrzehnten massiv verschärfen – wenn die Gesellschaft nicht bereit ist, ihre Ernährungsgewohnheit speziell in Bezug auf tierische Produkte zu überdenken. Insekten stellen eine enorme Möglichkeit dar, den weltweit steigenden Hunger nach Proteinen zu stillen“, weiß die Unternehmerin. Sie kennt natürlich auch die gängigen Genuss-Vorbehalte ihrer potenziellen Kunden – und hat daher an der Darreichungsform gearbeitet. Unter dem Label Beneto Foods bringt sie Lebensmittel aus gemahlenen Insekten auf den Markt. „Um das Insekt langfristig in die Ernährung der westlichen Kulturkreise zu integrieren, bedarf es eines Umwegs: Wir machen das Insekt durch einen Mahlvorgang unkenntlich. In Pulverform verliert es jegliche Ekel-Grundlage.“
Nach einjähriger Entwicklungsphase hat Beneto das erste Produkt im zukünftigen High-Protein-Portfolio zur Marktreife entwickelt: Eine High-Protein Pasta aus Grillenmehl, die nicht nur Fitness-Affinen 40 Prozent Protein, Ballaststoffe und Vitamin B12 liefert. Dazu soll sie auch lecker schmecken. Das Produkt wurde in vier verschiedenen Geschmacksrichtungen konzipiert: Tomate, Steinpilz, Curry und Schoko-Zimt. In ein Grundnahrungsmittel verpackt lässt sich das Insekt so ganz einfach in die tägliche Ernährung integrieren und gibt Ernährungsbewussten eine schmackhafte Alternative zu herkömmlich tierischen Proteinquellen.

Beispiel Beneto Foods Externer Link