Nachbericht
Fachtag „Milch & Ernährungsmythen“

Pflanzendrinks sind im Trend: Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher schwenken auf Ersatzprodukte aus Soja, Hafer, Erbse, Reis oder Mandeln um, während Kuhmilch weniger nachgefragt wird. Der Grund: Ersatzprodukte gelten als umweltfreundlicher und sogar gesünder. Handelt es sich dabei um Mythen oder Fakten? Das Projekt „Update: Milch - Neues aus der Wissenschaft“ hat die Datenlage zum Gesundheitswert von Kuhmilch und Milchprodukten umfassend ausgewertet und die Ergebnisse auf dem Fachtag „Milch & Ernährungsmythen“ vorgestellt. Das Projekt ist ein Kooperationsprojekt der TU München, dem Universitätsklinikum Freiburg sowie des Kompetenzzentrums für Ernährung und wird vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) gefördert.

Neben Fachvorträgen zum Thema Milch und Pflanzendrinks wurde auch die Entstehung von Mythen rund um Ernährung und Lebensmittel unter die Lupe genommen. In einer abschließenden Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verbraucherschutz wurden alle Themenfäden zusammengeführt und daraus Lösungen formuliert, wie man über Ernährungsthemen sachlich, kompakt, attraktiv und zeitnah informieren kann.

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Fachtag "Milch und Ernährungsmythen"

Referenten

Kiesswetter Eva

Quelle: privat

Dr. Eva Kiesswetter
Nach dem Studium der Diplom-Oecotrophologie an der Universität Bonn, arbeitete Eva Kiesswetter als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biomedizin des Alterns der Universität Erlangen-Nürnberg, wo sie promovierte und habilitierte. Ihre Forschungsarbeiten befassten sich u.a. mit den Themen Mangelernährung, Proteinversorgung und Adipositas im Alter. Im Jahr 2022 wechselte sie an das Institut für Evidenz in der Medizin des Universitätsklinikums Freiburg. Dort ist sie Mitglied der Arbeitsgruppe „Evidenzbasierte Ernährungswissenschaften“, die Evidenzsynthesen zu ernährungsepidemiologischen und ernährungsmedizinischen Fragestellungen durchführt. Im Projekt Update: Milch - Neues aus der Wissenschaft war Eva Kiesswetter für die Erstellung von zwei systematischen Übersichtarbeiten zum Thema Milch und Gesundheit zuständig.
Hans Hauner

Quelle: TUM Universitätsklinikum

Prof. Dr. Hans Hauner
Prof. Dr. Hans Hauner ist seit 2003 Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin mit Standorten am TUM-Klinikum rechts der Isar und am Wissenschaftszentrum Weihenstephan. Seine fachlichen Schwerpunkte liegen auf der Erforschung von ernährungsmitbedingten chronischen Krankheiten wie Adipositas und Typ 2 Diabetes. Darüber hinaus beschäftigt er sich intensiv mit Ernährung in der Schwangerschaft und fötaler Programmierung, funktioneller Genomik von Risikogenen für Adipositas und Typ 2 Diabetes sowie der Ernährung bei Krebserkrankungen. Prof. Hauner ist Mitglied der Leopoldina (seit 2003). Von 2008 bis 2015 war er Sprecher des vom BMBF geförderten Kompetenznetzes Adipositas, seit 2015 ist er Koordinator und Sprecher des ebenfalls BMBF-geförderten Kompetenzclusters der Ernährungsforschung enable.
Gerhard JAhreis

Quelle: privat

Prof. Dr. rer. nat. habil. Gerhard Jahreis
1996 bis 2016 war Herr Prof. Dr. Jahreis ordentlicher Professor für Ernährungsphysiologie am Institut für Ernährungswissenschaften, Biologisch-Pharmazeutische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er hat über 300 Beiträge in Fachjournalen und zahlreiche Fachbuchbeiträge veröffentlicht. Von 1993 bis 2013 leitete er die Sektion Thüringen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Stoffwechsel spezifischer Fettsäuren und fettlöslicher Substanzen (Omega-3-Fettsäuren, trans-Isomere und Derivate ungesättigter Fettsäuren, Phospholipide, Eicosanoide, Nanoskalige Strukturen, Phytosterole), Milchfett samt Analyse und Ernährungsrelevanz anhand zahlreicher Humanstudien (trans-Isomere, Vaccensäure, konjugierte Linolsäuren) sowie neue pflanzliche Öle und Algenöle (α-Linolensäure, γ-Linolensäure, Stearidonsäure, EPA, DHA).
Thomas Nemecek

Quelle: Gabriela Brändle, Agroscope

Dr. Thomas Nemecek
Dr. Thomas Nemecek ist stellvertretender Forschungsgruppenleiter Ökobilanzen bei der Agroscope, Schweiz. Er forscht seit über 20 Jahren auf dem Gebiet der Ökobilanzierung in der Land- und Ernährungswirtschaft. Hauptfrage: wie wirkt sich die Landwirtschaft und die Ernährung auf die Umwelt aus? Er leitet das Projekt NutriLCA bei Agroscope zur Optimierung von Nahrungsmitteln und Ernährungsmustern aus Sicht der Umwelt und Ernährung. Er war Koordinator das EU-Projekts OptiSignFood (2021-24), welches eine Software für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie entwickelt, um gleichzeitig Umweltwirkungen, Nährwerte und die Produktqualität zu optimieren.
Toni Meier

Quelle: privat

Dr. Toni Meier
Herr Dr. Meier ist Geschäftsführer des Instituts für nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft (INL) e.V., welches seit über 25 Jahren im Auftrag von Ministerien, Behörden und Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft im Bereich der Nachhaltigkeitsbewertung arbeitet. Hierbei kommen eigens entwickelte Analyse- und Optimierungstools zum Einsatz (FOODPRiNT4U, nutriRECIPE, susDISH-gastro, susDISH-LEH). Zudem ist Toni Meier Mitarbeiter der Globalen Krankheitslastenstudie (Global Burden Disease Study, GBD) der Universität Washington/Seattle und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des MRI/BMEL der nationalen Reduktionsstrategie.
Eva Endres

Quelle: Florian Bolk

Eva-Maria Endres
Eva-Maria Endres ist Ernährungswissenschaftlerin und beschäftigt sich mit den kommunikativen und sozialen Aspekten des Essens wie Food-Trends, Digitalisierung, Ernährungsbildung und Esskultur. In dem Forschungsfeld Ernährung in Sozialen Medien ist sie bereits seit 12 Jahren tätig. Sie ist beratend für Unternehmen und Organisationen tätig. Derzeit promoviert sie in Kommunikationswissenschaft zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ernährungskommunikation.

Programm

Uhrzeit Aktivität
8:30 - 9:00Ankommen, Kaffee
9:00 - 9:30Begrüßung und Einführung in das Projekt (KErn/StMELF)
9:30 - 10.00Metaanalysen rund um Milch und Milchprodukte
Dr. Eva Kiesswetter, Institut für Evidenz in der Medizin am Universitätsklinikum Freiburg
10:00 - 10:30Review: Wie gesund ist Milch?
Prof. Dr. Hans Hauner, Institut für Ernährungsmedizin, Technische Universität München
10:30 - 11:00Kaffeepause
11:00 - 11:30Milchfettsäuren unter die Lupe genommen
Prof. em. Dr. Gerhard Jahreis, Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
11:30 - 12:00Ökobilanzen von Milch und Milchersatzprodukten
Dr. Thomas Nemecek, Forschungsgruppe Ökobilanzen, Agroscope, Zürich
12:00 - 12:30Nachhaltigkeitsbewertung von Lebensmitteln
Dr. Toni Meier, Institut für Nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft (INL) e.V., Halle
12:30 - 13:30Pause mit Mittagsimbiss
13:30 - 14:00Ernährung in den sozialen Medien: Wie entsteht Desinformation über Lebensmittelproduktion und Ernährung und was kann man dagegen tun?
Eva-Maria Endres, APEK - Büro für Agrarpolitik und Ernährungskultur, Kassel
14:00 - 15:00Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Wissenschaft, Wirtschaft und dem Verbraucherschutz

Dr. Martin Kussmann (KErn, Ernährungswissen & Innovation)
Hendrik Haase (Publizist und Berater)
Jutta Saumweber ( Referatsleiterin im Bereich Lebensmittel und Ernährung, Verbraucherzentrale Bayern)
Moderation: Thomas Kützemeier (Herausgeber FOOD-Lab und eFOOD-Lab International)
15:00 - 16:00Ausklang bei Kaffee und Kuchen


Milch und Gesundheit

Dr. Eva Kiesswetter vom Institut für Evidenz in der Medizin (IfEM) des Universitätsklinikums Freiburg eröffnete die Veranstaltung mit ihrem Vortrag über Netzwerkmetaanalysen, die ergaben, dass der Konsum von Milch und Milchprodukten keine negativen Auswirkungen auf das Herzkreislaufsystem hat - unabhängig davon ob vollfette oder fettarme Milchprodukte konsumiert werden.

Prof. Dr. Hans Hauner von der Technischen Universität München (TUM) präsentierte die Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit, die gesundheitliche Auswirkungen von Milch und Milchprodukten hinsichtlich verschiedener Krankheiten untersuchte. Es zeigte sich, dass Milch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfälle, Typ 2 Diabetes und Darmkrebs senkt. Auf Knochen- und Gelenkerkrankungen hat der Milchkonsum bei Erwachsenen weder positive noch negative Auswirkungen. Einzig bei Prostatakrebs wurde bei der Hälfte der betrachteten Studien ein leicht erhöhtes Risiko festgestellt.

Prof. Dr. Gerhard Jahreis von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat das Milchfett unter die Lupe genommen. Er stellte fest, dass die darin enthaltenen bioaktiven Substanzen der Entstehung von Übergewicht, Asthma und Heuschnupfen vorbeugen. Bio-Produkte, die mehr dieser gesunden Fettkomponenten enthalten, wurden daher als gesünder klassifiziert. Aus gesundheitlicher Sicht ist es daher besser, Vollfett- als fettarme Milchprodukte in den empfohlenen Mengen zu konsumieren.

Milch und Nachhaltigkeit

Dr. Thomas Nemecek und sein Team an der schweizerischen Agroscope untersuchten die Ökobilanz von Milch im Vergleich zu pflanzlichen Alternativen. Vergleicht man diese pro Menge, z.B. pro Liter, schneiden pflanzliche Alternativen zwar meist besser ab, auf den gelieferten Nährwert bezogen ist es aber eher umgekehrt. Einzig Sojadrinks haben eine bessere Nährwert- und Ökobilanz als Milch, falls sie aus abholzungsfreier Produktion stammen.

Um die Ökobilanz von Produkten umfassender, differenzierter und schneller ermitteln zu können, stellte Dr. Toni Meier vom Institut für Nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft (INL) eine neue automatisierte KI-basierte Methode vor. Damit kann die Ökobilanz von Lebensmitteln entlang der Produktkette mit einem für den Konsumenten vereinfachten Index versehen werden, um nachhaltigere Einkaufsentscheidungen zu ermöglichen.

Wie entstehen Mythen und wie kann man ihnen Wahrheiten entgegensetzen?

Laut Eva-Maria Endres vom Büro für Agrarpolitik und Ernährungskultur tragen soziale Medien einen großen Teil zur Entstehung und Verbreitung von Falschinformationen im Bereich der Gesundheit und Ernährung bei. Der Anteil an Falschinformationen liegt in diesen Medien Studien zufolge bei bis zu knapp 90%. Ein Grund hierfür ist, dass „Informationen“ in den Sozialen Medien häufig mit einem vorgelebten Image und Lifestyle von Influencern verbunden sind. Fachinformationen und die zugehörigen Quellen sind hierbei zweitrangig. Eine Lösung hierfür wäre, die Plattformbetreiber zur Verantwortung zu ziehen und eine bessere Überprüfung von Inhalten auf Social Media zu etablieren. Genauso wichtig ist eine bessere Aufklärung im Umgang mit Medien, insbesondere von Jugendlichen.

Auch in der abschließenden Podiumsdiskussion mit dem KErn-Bereichsleiter für Ernährungswissen und Innovation Dr. Martin Kussmann, Jutta Saumweber von der Verbraucherzentrale Bayern, und dem Kommunikationsexperten Hendrik Haase unter der Moderation des Chefredakteurs und Herausgebers des FOOD-Lab Magazins Thomas Kützemeier wurde festgestellt, dass wissenschaftliche oder öffentliche Institutionen nur schwer mit der Reichweite von „Foodfluencern“ konkurrieren können. Deshalb müssen andere Wege gesucht werden. So hat das Kompetenzzentrum für Ernährung etwa den Ernährungsradar (www.ernaehrungsradar.de) ins Leben gerufen: Eine Online-Plattform für Medienschaffende, Ernährungsprofis und andere Multiplikatoren, die zeitnah und attraktiv faktenbasierte Informationen zu aktuellen Ernährungs- und Gesundheitsthemen liefert.


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Kontakt

Kathrin Sedlmaier
Kompetenzzentrum für Ernährung
Am Gereuth 4
85354 Freising
E-Mail: denkfabrik.zukunft@kern.bayern.de