Nachbericht
Fachtag „Milch & Ernährungsmythen“

Das Projekt „Update: Milch - Neues aus der Wissenschaft“ hat die Datenlage zum Gesundheitswert von Kuhmilch und Milchprodukten umfassend ausgewertet und am 15. Oktober 2024 öffentlich vorgestellt. Dieses Kooperationsprojekt der TU München, dem Universitätsklinikum Freiburg sowie des Kompetenzzentrums für Ernährung wird vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) gefördert.

Milch und Gesundheit

Dr. Eva Kiesswetter vom Institut für Evidenz in der Medizin (IfEM) des Universitätsklinikums Freiburg eröffnete die Veranstaltung mit ihrem Vortrag über Netzwerkmetaanalysen, die ergaben, dass der Konsum von Milch und Milchprodukten keine negativen Auswirkungen auf das Herzkreislaufsystem hat - unabhängig davon ob vollfette oder fettarme Milchprodukte konsumiert werden.

Prof. Dr. Hans Hauner von der Technischen Universität München (TUM) präsentierte die Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit, die gesundheitliche Auswirkungen von Milch und Milchprodukten hinsichtlich verschiedener Krankheiten untersuchte. Es zeigte sich, dass Milch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfälle, Typ 2 Diabetes und Darmkrebs senkt. Auf Knochen- und Gelenkerkrankungen hat der Milchkonsum bei Erwachsenen weder positive noch negative Auswirkungen. Einzig bei Prostatakrebs wurde bei der Hälfte der betrachteten Studien ein leicht erhöhtes Risiko festgestellt.

Prof. Dr. Gerhard Jahreis von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat das Milchfett unter die Lupe genommen. Er stellte fest, dass die darin enthaltenen bioaktiven Substanzen der Entstehung von Übergewicht, Asthma und Heuschnupfen vorbeugen. Bio-Produkte, die mehr dieser gesunden Fettkomponenten enthalten, wurden daher als gesünder klassifiziert. Aus gesundheitlicher Sicht ist es daher besser, Vollfett- als fettarme Milchprodukte in den empfohlenen Mengen zu konsumieren.

Milch und Nachhaltigkeit

Dr. Thomas Nemecek und sein Team an der schweizerischen Agroscope untersuchten die Ökobilanz von Milch im Vergleich zu pflanzlichen Alternativen. Vergleicht man diese pro Menge, z.B. pro Liter, schneiden pflanzliche Alternativen zwar meist besser ab, auf den gelieferten Nährwert bezogen ist es aber eher umgekehrt. Einzig Sojadrinks haben eine bessere Nährwert- und Ökobilanz als Milch, falls sie aus abholzungsfreier Produktion stammen.

Um die Ökobilanz von Produkten umfassender, differenzierter und schneller ermitteln zu können, stellte Dr. Toni Meier vom Institut für Nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft (INL) eine neue automatisierte KI-basierte Methode vor. Damit kann die Ökobilanz von Lebensmitteln entlang der Produktkette mit einem für den Konsumenten vereinfachten Index versehen werden, um nachhaltigere Einkaufsentscheidungen zu ermöglichen.

Wie entstehen Mythen und wie kann man ihnen Wahrheiten entgegensetzen?

Laut Eva-Maria Endres vom Büro für Agrarpolitik und Ernährungskultur tragen soziale Medien einen großen Teil zur Entstehung und Verbreitung von Falschinformationen im Bereich der Gesundheit und Ernährung bei. Der Anteil an Falschinformationen liegt in diesen Medien Studien zufolge bei bis zu knapp 90%. Ein Grund hierfür ist, dass „Informationen“ in den Sozialen Medien häufig mit einem vorgelebten Image und Lifestyle von Influencern verbunden sind. Fachinformationen und die zugehörigen Quellen sind hierbei zweitrangig. Eine Lösung hierfür wäre, die Plattformbetreiber zur Verantwortung zu ziehen und eine bessere Überprüfung von Inhalten auf Social Media zu etablieren. Genauso wichtig ist eine bessere Aufklärung im Umgang mit Medien, insbesondere von Jugendlichen.

Auch in der abschließenden Podiumsdiskussion mit dem KErn-Bereichsleiter für Ernährungswissen und Innovation Dr. Martin Kussmann, Jutta Saumweber von der Verbraucherzentrale Bayern, und dem Kommunikationsexperten Hendrik Haase unter der Moderation des Chefredakteurs und Herausgebers des FOOD-Lab Magazins Thomas Kützemeier wurde festgestellt, dass wissenschaftliche oder öffentliche Institutionen nur schwer mit der Reichweite von „Foodfluencern“ konkurrieren können. Deshalb müssen andere Wege gesucht werden. So hat das Kompetenzzentrum für Ernährung etwa den Ernährungsradar (www.ernaehrungsradar.de) ins Leben gerufen: Eine Online-Plattform für Medienschaffende, Ernährungsprofis und andere Multiplikatoren, die zeitnah und attraktiv faktenbasierte Informationen zu aktuellen Ernährungs- und Gesundheitsthemen liefert.