Faktenübersicht
Grillen im Essen? Ohne Kennzeichnung keine Insekten in Lebensmitteln enthalten

Short Facts:

  • Die Europäische Union erlaubt ab dem 24.01.2023 EU-weit das Beimischen von Grillenpulver in Lebensmitteln, auch in Fleischersatzprodukten.
  • Insekten punkten mit ihrem Nährstoffprofil: Als Proteinlieferanten übertreffen sie Nüsse, Hülsenfrüchte und Getreide.
  • Durch die hohe Futterverwertungseffizienz gelten Insekten als umweltfreundlich, für 1 kg Biomasse werden nur 2 kg Futter benötigt.
  • Seit 2021 sind bereits Mehlwürmer und Heuschrecken in der EU zugelassen und bedienen als Insekten-Snacks einen sehr kleinen Absatzmarkt.
  • Insekten in Lebensmitteln müssen klar deklariert sein (EU-Verordnung 2023/5).
  • Entsprechende Allergiehinweise sind ebenfalls Pflicht, um Menschen mit einer Allergie gegen Krebs- und Weichtiere oder Hausstaubmilben zu schützen.

Hintergrund

Viereckigen Teller mit Bananenblatt. Darauf liegen gebratene Heurschrecken.

© kwanchaichaiudom – AdobeStock

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind rund 2.000 Insektenarten für den Menschen essbar. Um den Eiweißbedarf der ansteigenden Weltbevölkerung zu decken, wird ihnen eine immer wichtigere Rolle in der Ernährungssicherung beigemessen. Laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) essen derzeit rund zwei Milliarden Menschen weltweit Insekten. In der EU gelten Insekten hingegen als sogenanntes „Novel Food". Solche neuartigen Lebensmittel sind Produkte, die vor dem Inkrafttreten der ersten Novel-Food-Verordnung 1997 in der EU üblicherweise nicht verzehrt wurden. Das heißt, neuartige Lebensmittel bzw. Nahrungsbestandteile müssen jeweils geprüft und explizit für den europäischen Lebensmittelmarkt zugelassen werden. In der EU sind seit 2021 Mehlwürmer und Heuschrecken als Nahrungsmittel zugelassen und werden bisher auf einem sehr kleinen Nischenmarkt angeboten. Bei Insekten-Snacks, -Riegeln oder auch -Burgern sind Insekten Teil der Marketingstrategie und werden als Zutat explizit und teuer beworben. Während in vielen Ländern Insekten essen, schon Alltag ist, sorgt die neue EU-Zulassung in Deutschland für Aufregung. Denn die meisten verbinden mit essbaren Insekten noch immer mehr Ekel als Genuss.

Durch die mediale Präsenz der EU-Zulassung von Grillenpulver sind nun viele Menschen besorgt, dass fortan Insekten „heimlich“ zu einem gewissen Prozentsatz in Lebensmittel mitverarbeitet werden.

Aktueller Sachstand

Das vietnamesische Unternehmen Cricket One Co. Ltd hat im Jahr 2019 bei der EU-Kommission einen Antrag auf Zulassung für ein teilweise entfettetes Pulver aus der Hausgrille (Acheta domesticus) gestellt. Gestützt wurde der Antrag durch wissenschaftliche Studien und Daten, die eine detaillierte Beschreibung des Herstellungsprozesses, Ergebnisse zu Kontaminanten sowie zu weiteren mikrobiologischen Parametern und der Proteinverdaulichkeit umfassten. Die hier vorgeschlagenen Verwendungsbedingungen und Mengen wurden von der EU-Kommission als sicher eingestuft. Infolgedessen wird laut EU-Verordnung 2023/5 das Grillenpulver zugelassen – zunächst aber nur für das antragsstellende Unternehmen. Dabei kann das Grillenpulver in vielen Lebensmitteln verwendet werden. Darunter: Back- und Teigwaren, bierähnliche Getränke, Soßen, Kartoffelerzeugnisse, Pizza – aber keine Chips. Insgesamt muss klar gekennzeichnet sein, dass ein Lebensmittel ein Insekt enthält (mit lateinischen und deutschen Namen) und auch, in welcher Form (also zum Beispiel als Pulver). Entsprechende Allergiehinweise sind ebenfalls Pflicht, um allergische Reaktionen bei Menschen mit einer Allergie gegen Krebs- und Weichtiere sowie gegen Hausstaubmilben verhindern zu können. Diese Informationen müssen laut EU-Verordnung 2023/5 in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste aufgeführt sein. Ein „heimliches“ Beimischen von Insekten in normalen Lebensmitteln kann somit ausgeschlossen werden.

Erwägungsgründe durch Durchführungsverordnung – Liste der betroffenen Lebensmittel Externer Link


Kurzes Fazit

Anhand der Zutatenliste eines Produktes kann entschieden werden, ob ein Lebensmittel aus oder mit Insekten gekauft und konsumiert werden möchte. Die mediale Warnung vor enthaltenen Insekten in Lebensmitteln ist irreführend und nicht zutreffend. Bisher hat die Europäische Kommission vier Zulassungen für Insekten als Lebensmittel erteilt: den Mehlwurm, die Wanderheuschrecke, die Hausgrille (Acheta domesticus) und nun auch für teilweise entfettetes Pulver aus der Hausgrille. Auch Warnungen vor bestimmten Produkten, die bereits vermeintlich Insekten enthalten sollen wie Frucht-Joghurts, Kaugummis oder Schokolade sind trügerisch. Hier handelt es sich um Zusatzstoffe, insbesondere um E120 und E904. Karmin (E120) ist ein roter Farbstoff, der in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie verwendet und aus Schildläusen gewonnen wird. Ähnliche verwendet und gewonnen wird der Zusatzstoff Schellack (E904). Enthalten sind also Stoffe, die aus Schildläusen gewonnen werden, nicht die Insekten selbst. Beide Zusatzstoffe sind in Deutschland zugelassen und gelten als gesundheitlich unbedenklich, auch wenn Karmin allergische Reaktionen auslösen kann.

Durchführungsverordnung der Kommision Externer Link


Literaturverweise